Etappe 3: San Bartolomé – Tejeda
- Ausgangspunkt: San Bartolomé
- Endpunkt: Tejeda
- Strecke: 16,5 km
- Aufstieg: 960 m
- Abstieg: 881 m
- Dauer: 6:30h
- Motivationsfaktor 1. Stunde: 50%
- Motivationsfaktor 2. Stunde: 75%
- Motivationsfaktor ab 3. Stunde: 100%
Auf dem Jakobsweg von einem Kessel zum nächsten
Ein Stöhnen begleitet mich, als ich meine schweren Knochen aus dem Bett hieve. Alles – wirklich alles – tut weh. Zu dem üblichen Wandermuskelkater gesellt sich Muskelkater in Armen und Schulter. Gracia, Risco Blanco! Selbst ein wunderschöner Sonnenaufgang und ein ausgezeichnetes Frühstück können mich nicht trösten. Aber was hilft es, eine weitere 6,5-stündige Tour liegt vor mir. Ich starte mäßig motiviert auf dem kanarischen Camino de Santiago, zu dem es vom Hotel nicht weit ist. Vor mir liegen 2,5 Stunden Aufstieg. Es wechseln sich mäßige und steile Passagen ab. Ich mache jeweils nach einer Stunde eine 5-minütige Trinkpause, um mich zu motivieren. Nach einer halben Stunde frage ich mich, warum ich überhaupt wandere, nach einer weiteren bin ich sicher, es nie wieder tun zu wollen. Nach zwei Stunden überlege ich, was mein nächstes Wanderziel sein könnte in 2019, oder vielleicht 2021? In der dritten Stunde plane ich meinen Wanderurlaub in den Osterferien – 2018!
Der Camino de Stantiago von San Bartolome nach Cruz de Tejeda ist ein fantastischer Wanderweg! Zu Beginn schlängelt sich der gepflasterte Weg durch Kierfernhaine und liegt damit teils in der Sonne, teils im Schatten. Immer wieder lohnt sich der Blick zurück nach San Bartolome, dass sich in die Berge schmiegt. Nach etwa eineinhalb Stunden erreiche ich das Gruz Grande (1.245m), von dem man einen fantastischen Ausblick auf zwei Täler hat. Zurückblickend sehe ich das Caldera (Kessel) de Tirajana, durch das ich nun so viele Stunden gewandert bin. Ich verabschiede mich vom Risco Blanco, der beeindruckend in weißer Pracht aus der schroffen Bergwelt herausragt und wende mich dem schönsten Camino meiner ganzen Tour zu.
Ich befinde mich immer noch auf dem Jakobsweg und genieße den Aufstieg. Abgestützt durch Steinmauern schlängelt er sich steil den Berg nach oben. Inselsteine markieren den Weg und mit jedem Schritt habe ich weitere tolle Aussichten. Nach einer Stunde erreiche ich ein Steinplateau, auf dem liebgewonnene Steinmännchen den Weg weisen. Es geht weiter durch einen Kieferhain, zur Rechten blicke ich auf den Berg Pico de las Nieves, mit 1.956 Metern der höchste Berg von Gran Canaria.
Insgesamt 4,4 Kilometer und 45 Minuten nach Erreichen der Steinplatte bin ich am Dgdallos Hornos (1.719m). Von hier aus kann man einen Abstecher zum Gipfel des Pico de las Nieves machen. Dies dauert etwa Hinweg und Rückweg 1:40 länger, obwohl man nicht den gleichen Weg vom Gipfel zurückgeht, sondern später wieder in die Tour einsteigt. Meine Muskeln und Füße raten mir jedoch dringend davon ab, also wandere ich ohne Abstecher weiter.
Es geht etwa eine, etwas dröge, Stunde durch weitere Kiefernhaine. Doch auch wenn diese Stunde kein Highlight der Tour ist, wird der nächste Ausblick das alles vergessen machen. Denn plötzlich lichtet sich der Wald und ich blicke ins Tal Caldera de Tejeda. Ich glaube, es lässt sich kaum beschreiben, wie sensationell dieser Ausblick nach einer Stunde Marsch durch den Wald ist. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst anschauen soll, ich sehe mein Ziel das Bergdorf Tejeda, ich sehe Teneriffa mit dem Teide, die beiden Wahrzeichen von Gran Ganaria, die Monolithen Roque Nublo und Roque Bentayga. Fantastisch! Ich bin mir sicher, es ist der schönste Ausblick der ganzen Tour.
Nach einer ausgiebigen Pause mache ich mich an den doch mühsamen Abstieg. Er dauert bis nach Tejeda etwa 2 Stunden, ist ziemlich steil und geht mit der Zeit auf ohnehin schon geschundene Knochen. Eine halbe Stunde nach der Pause verlasse ich den Jakobsweg und biege nach Tejeda ab, nach einer weiteren halben Stunde kann man noch einen Abstecher nach Caluta, einem schönen Bergdorf mit Einkehrmöglichkeit machen. Es sind nur 1-2 Kilometer Umweg, aber meine Füße und Muskeln legen ihr Veto ein. Tejeda fest im Blick, schlage ich also den Weg zum Ziel ein, dass ich gegen 16:15 erreiche.
Doch damit nicht genug, meine Unterkunft Alojamiento Rural La Montaña liegt nicht im Ort, sondern nochmals 15 Minuten entfernt. Ich habe das Gefühl ich komme dort ächzend an. Die spanische Verwalterin spricht kein Wort English, aber irgendwie verstehen wir uns schon. Sie gibt mir fünf Minuten für einen Kleiderwechsel, denn sie nimmt mich mit zurück ins Dorf, damit ich essen kann – etwas besseres hätte mir an diesem Abend nicht passieren können!
Download: Etappe 3 von San Bartolomé nach Tejeda
Übernachtung in Tejeda
Mein Apartment hat eine fantastische, einsame Lage mit Blick auf Roque Nublo und Roque Bentayga. Die Zimmer sind in Ordnung, allerdings ziemlich hellhörig. Für Etappenwanderer ist es vielleicht nicht die beste Unterkunft, da sie weit weg vom Ort ist, aber für mich war es die einzig verfügbare. Und wenn dem nicht so gewesen wäre, wäre ich um eine Erfahrung ärmer, nämlich wie es ist, mit einem Auto meines Baujahrs Serpentinen hinauf zudonnern, ohne sich dabei unterhalten zu können, weil der Wagen so laut klappert, dass man kein Wort versteht.
Übrigens gilt Tejeda als schönstes Bergdorf Gran Canarias. In der Tat ist es ein sehr schönes Plätzchen mit toller Architektur. Wie in San Bartolomé verschwinden spätestens gegen 18:00 die Tagestouristen aus dem Ort und es wird beschaulich. Es gibt tagsüber unzählige Restaurants, aber am Abend hat nur noch eines geöffnet. Auch einen Supermarkt gibt es im Ort.
2 Kommentare zu “Etappe 3: San Bartolomé – Tejeda”
Hallo Romy,
toll geschrieben, schöne Aufnahmen und das ganze noch aufgepeppt mit einer interaktiven Wegbeschreibung und Höhenprofil.
Ich würde sagen alles richtig gemacht.
Schön schön
Hallo Jan,
danke für dein Lob – ich freue mich immer, wenn man erkennt wie viel Arbeit in so einem Blog steckt.
Danke & liebe Grüße
Romy