Harzer Hexenstieg im Winter
Ich schaue der aus einem Baumstamm geschnitzten Hexe am Wegesrand tief in die Augen, als ich meine ersten Schritte auf dem Harzer Hexenstieg mache. Frau Hexe verkörpert zugleich den ersten Wegweiser meiner Mehrtagestour und wird wahrlich nicht die einzige liebevoll gestaltete Figur auf meinem Weg bleiben. Ich befinde mich in Osterode, dem Startpunkt meiner Trekking-Tour. Vor mir und meinem Wanderhund Lotte liegen 100 Kilometer Harzer Wanderwege, 6 Tagesetappen mit Temperaturen zwischen -13 und 4 Grad, Regen, Schnee und Sonne. Es ist Januar, es ist kalt und es schneit. Ich jedoch sprühe vor Elan, mein Rucksack fühlt sich wohlig vertraut auf meinen Schultern und Hüften an und ich atme die kalte, klare Luft genussvoll ein. Auf geht’s!
Ja, ein bisschen verrückt muss man schon sein, bei diesen Temperaturen auf dem Harzer Hexenstieg zu wandern. Der zertifizierte Weg ist kein klassischer Winterwanderweg. Aber er macht gerade deshalb auch jede Menge Spaß. Wo sonst kann man im Norden Deutschlands noch ein bisschen Abenteuer-Feeling haben? Im Harz im Winter geht das. Das hat mehrere Gründe: Der Weg führt über den höchsten Gipfel, den Brocken, dem man nicht ohne Grund isländisches Klima nachsagt. Es gibt jede Menge Schnee und vor allem ist man zu großen Teilen ganz allein unterwegs. Ich zumindest würde den Weg sofort wieder im Winter gehen.
1. Wichtigste Infos Harzer Hexenstieg
2. Meine Ausrüstung fürs Winterwandern
3. Die Etappen
4. Wandern mit Hund
5. Übernachtungen
6. Anreise und Planungshilfen
Wichtigste Infos Harzer Hexenstieg
Der vom Wanderverband ausgezeichnete Weg führt in 100 Kilometern von Osterode nach Thale fast quer durch den Harz. Die meisten werden den Weg in sechs Etappen erwandern. Wer sportliche Betätigung vor Genuss stellt, wird den Weg auch in vier Tagen gehen können. Übernachtet wird in Hotels oder Pensionen. Es gibt auch einige wenige Campingplätze. Wildcampen ist verboten. Der Weg macht seinem Namen alle Ehre. Immer wieder begegnet man Hexen oder anderen mystischen Figuren, deren (nicht immer schöne) Ebenbilder sich jedoch bei Zartbesaiteten auch in unruhige Träume schleichen können.
Seit 2017, nach zwei Winterstürmen, die über den Harz fegten, ist der Magdeburger Weg in Richtung Torfhaus auf unbestimmte Zeit gesperrt. Derzeit wird hitzig darüber debattiert, ob der historische Teilabschnitt wieder instandgesetzt wird, oder auf kurz oder lang von der Wanderkarte verschwindet. Die Umleitung führt über den Buttersteig hinauf zur Wolfswarte und dann zum Torfhaus. Bei der Wintervariante des Harzer Hexenstiegs wird zudem einer der schönsten Teilstrecken, der Weg durchs Bodetal aufgrund erhöhter Steinschlaggefahr umgeleitet. Die Sperrung dauert von November bis max. Ende März. Zudem gibt es weitere Varianten des Harzer Hexenstiegs: Eine Brockenumgehung und eine Variante südlich der Rappbodetalsperre. Ich bin jedoch die Hauptroute gewandert.
Wer im Harz wandert, kommt früher oder später an einem grünen Stempelkasten vorbei. Insgesamt gibt es 222 Stempel der Harzer Wandernadel im gesamten Harz einzusammeln. Direkt auf dem Harzer Hexenstieg gibt es 20, mit ein paar Abstechern gelingt es mir noch ein paar mehr zu erwandern. Zum Harzer Hexenstieg gibt es gar ein eigenes Themenheft. Eine Übersicht über alle Stempelstellen der Harzer Wandernadel findet ihr hier.
Ich komme nicht umhin, noch ein paar Zeilen über den Brocken zu schreiben. Er ist für mich – Hand aufs Herz – einer der hässlichsten und faszinierendsten Berge zugleich. Dass ich nun ausgerechnet im Januar das erste Mal das Glück hatte dort Blau am Himmel zu sehen, ist schon irgendwie symptomatisch. Rein äußerlich betrachtet ist der Brocken mit seinen 1.141 Metern ziemlich rund, mit so einem Funkturm und einer Radarkuppel obendrauf. Klingt unspektakulär? Ist es auch. Aber dort oben ist’s irgendwie anders. Also schön ist er oben immer noch nicht. Meist ist’s kalt. Oder neblig. Oder beides. Ich habe mittlerweile gelernt: Ist unten Herbst, ist oben Winter. Ist’s unten diesig, kann oben die Sonne scheinen – muss aber nicht. Verstehst’e?
Zumindest sagt man über den Brocken, dass hier aufgrund seiner exponierten Lage ein isländisches oder alpines Klima herrscht. Ohne Zweifel ist es ein Ort extremer Wetterbedingungen, vergleichbar mit einem alpinen Gipfel um die 2.000 Meter. Noch ein paar Fakten (Quelle Wikipedia):
Niederschlagsreichster Punkt im nördlichen Mitteleuropa
Höchste gemessene Temperatur: 29,0 °C
Tiefste gemessene Temperatur: −28,4 °C
Absolute gemessene Windspitze: 263 km/h
Höchste gemessene Schneehöhe: 380,0 cm
Maximum der gemessenen Tage mit Nebel pro Jahr: 330 Tage (!)
Durchschnittliche Schneetage: 120
Meine Ausrüstung fürs Winterwandern
Was nimmt man nun mit, wenn man bei zweistelligen Minusgraden eine Mehrtagestour unternehmen will? Bei meiner Planung zeigt sich einmal mehr, so viel anders ist die Packliste im Winter nicht. Man muss also, wenn man ohnehin auf das Zwiebelprinzip setzt, nicht einmal tief in die Tasche greifen. Zu meinem üblichen Outfit hinzu kamen: Warmer Merino-Wollpullover, Handschuhe und ein warmer Buff.
Zu erwarten ist im Harz – zumindest in den höheren Lagen – auch Schnee, so dass es stellenweise etwas glatt sein kann. Um trittsicher zu bleiben, sollte man Spikes mitnehmen. Ich hatte keine, daher sind meine Grödel in den Rucksack gewandert. Gebraucht habe ich sie jedoch nicht, sondern bin gut durchgekommen. Sollte es ordentlich Neuschnee im Harz geben, würde ich stattdessen Schneeschuhe einpacken. Dann läuft’s sich beschwingter.
Auch der Hund braucht im Winter ein bisschen mehr. Da Lotte ja Probleme mit ihrem Rücken hat, sind für diese Tour ein Regencape und auch eine Isomatte für die Pausen in meinen Rucksack gewandert. Das war gut, aber nicht ausreichend. Mit fast 10 Jahren ist Lotte viel kälteempfindlicher geworden. Vermutlich würde ich beim nächsten Mal noch ein Fließ für Hunde einpacken – zumindest für die Pausen.
Die Etappen
Ich habe die Etappen so zusammengestellt, dass wir uns am Anreisetag gleich noch ein wenig einlaufen konnten. Am letzten Tag wollen wir ebenfalls gleich abreisen. Daher sind die Einstiegs- und Endetappe jeweils etwas kürzer gefasst. Die zweite Etappe fällt etwas länger aus. Aufgrund der vielen Übernachtungsmöglichkeiten im Harz kann sich jeder seine Etappe aber problemlos selbst zusammenstellen.
Ausgangspunkt | Endpunkt | Strecke | Aufstieg | Abstieg | Dauer | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Osterode | Buntenbock | (12.4km) | (443m) | (137m) | (3:40) |
mit Kuckholzklippe | 19km | 712m | 409m | 5:30 | ||
2 | Buntenbock | Torfhaus | 28km | 448m | 178m | 7:30 |
3 | Torfhaus | Drei Annen Hohne | 20.9km | 336m | 594m | 5:45 |
4 | Drei Annen Hohne | Rübeland | 19.8km | 188m | 348m | 4:30 |
5 | Rübeland | Altenbrak | 12.4km | 173m | 252m | 4:00 |
6 | Altenbrak | Thale | 15.4km | 342m | 469m | 4:45 |
Gesamt | 115.5km | 2.199m | 2.250m | 32:00 |
Download: GPX Harzer Hexenstieg Winter mit Stempelstellen
Ich habe aber zumindest anfangs auch mal einen Abstecher gemacht, um noch den ein oder andern Stempel der Harzer Wandernadel einzusammeln. Bei der 1. Etappe war dies gar das schönste Stück auf dem Weg.
Etappe 1: Von Osterode nach Buntenbock
Es wirkt noch ein bisschen wie Herbst, als ich Frau Hexe den Rücken kehre und die ersten Meter auf dem Harzer Hexenstieg wandere. Aber im Laufe des Tages ändert sich das Erscheinungsbild mehr als einmal. Nach etwa einer Stunde laufe ich bereits auf überzuckerten Wegen, nach einer weiteren knirscht schon der Schnee unter den Sohlen meiner Wanderschuhe, später ist alles um mich herum weiß. Lotte springt überschwänglich durch den Schnee, es ist auch ihr erster in diesem Jahr. Zwischendurch bringt die Sonne den Schnee zum Glitzern. Trotz nur -7 Grad ist mir angenehm warm, ich bin allein im Winterwald unterwegs, was mich mit dieser landschaftlich nicht unbedingt überragenden Etappe versöhnlich stimmt.
Ich bin flott unterwegs und stelle schon nach kurzer Zeit fest, dass mein Ziel für heute nur noch eine Stunde entfernt ist. Also biege ich vom Hexenstieg ab und laufe einen Teil des Harzer Baudensteigs, ein weiterer Fernwanderweg im Harz. Er führt mich vorbei an alten Stollen zur Kuckholzklippe, von wo aus ich einen wunderbaren Blick über den winterlichen Harz habe und auf der gegenüberliegenden Seite den Hexenstieg sich entlangschlängeln sehe. Auf selbem Weg geht es zurück zum Hexenstieg und im weiteren Verlauf nach Buntenbock. Ich laufe noch zu den Stauseen, obwohl sich meine Unterkunft davor befindet. Ich mag die kalte, klare Luft und ich mag es, draußen zu sein.
Etappe 2: Von Buntenbock zum Torfhaus
Dieser zweite Tag auf dem Harzer Hexenstieg wird der längste und einer der schönsten. Die breiten Forstwege vom Vortag werden durch schmale Waldpfade abgelöst, es schneit den ganzen Tag und für mich jagt ein winterliches Highlight das nächste. Es beginnt bereits in Buntenbock. Der Schnee lässt all meine Bilder in Schwarz-weiß erscheinen und ich habe unweigerlich Nina Hagen’s Partykracher „Du hast den Farbfilm vergessen“ im Ohr. Ja, es gibt Schöneres, aber ich komme gar nicht dazu weiter mitzusummen, als die farbenprächtigen Häuser in Buntenbock einen fröhlichen Kontrast in meine Bilder zaubern.
Kaum 200 Meter weiter staune ich bei den überfrorenen Stauseen erneut über diese faszinierende Winterlandschaft (Titelbild). Die Sonne steigt gerade am Horizont auf und wirft irre Farbspiele auf die Eisflächen, am anderen Ufer steht ein rotes Häuschen. Ich könnte hier ewig stehen, aber Lotte drängelt. Also geht’s weiter kurz durch den Wald bis zum nächsten Stausee, auf dessen Staumauer wir weiterwandern. Im Wald angekommen, muss ich schon wieder anhalten und genießen. Durch die Tannen am kleinen Teich am Innerstesprung fallen zarte Sonnenstrahlen auf die vereiste Wasseroberfläche. Wow.
Nachdem ich mich von diesem Anblick losgerissen habe, ändert sich die Landschaft einmal mehr. Ab jetzt dominieren kleine Kanäle des Oberharzer Wasserregals, ein vor vielen hundert Jahren geschaffenes System zur Umleitung und Speicherung von Wasser.
Die Geräuschkulisse ändert sich bei jedem Schritt. Mal plätschert es, mal rauscht es und mal ist es ganz still. Je nachdem wie viel Wasser der Winter bereits zum Erstarren gebracht hat. Skurrile, bizarre und scharfkantige Eisgebilde entstehen hier oben bei -10 Grad.
An den kleinen Wasserfällen kann ich mich kaum satt sehen, es ist wirklich wunderschön hier – auch wenn sich Nina Hagen’s Song schon wieder in meinen Kopf schleicht.
Der Schnee nimmt immer mehr zu und ich erkenne an der unberührten Schneedecke, dass ich wieder einmal ganz allein unterwegs bin. Aber so langsam muss ich mich sputen. Diese 28 Kilometer-Etappe bietet nämlich am Ende noch einmal ein paar Höhenmetern auf. Die ziehen sich dann auch in der Tat und die Beine werden dank des tiefen Schnees langsam müde.
Lotte darf übrigens auch den ein oder anderen Ausfallschritt ihres Frauchens bewundern, denn tückischerweise ist es unter dem Schnee manchmal völlig unerkennbar eisig gefroren. Ich habe aber keine Lust meine Grödel auszupacken und erfreue die Wildtiere und Vögel stattdessen mit dem ein oder anderen erschrockenen Jauchzer, wenn ich wieder einmal ins Rutschen komme.
Kurz bevor wir das Torfhaus erreichen, haben wir schon eine ordentliche Schneedecke unter den Füßen, einen knappen halben Meter. Endlich Schnee! Endlich richtiger Winter!
Etappe 3: Vom Torfhaus über den Brocken nach Drei Annen Hohne
Am Morgen dieser dritten Etappe fällt das Aufstehen zwar mächtig schwer, aber der Muskelkater verschwindet in dieser schönen Winterlandschaft wie von Zauberhand. Während ich am Morgen noch überlege, ob ich überhaupt zum Brocken aufsteige – ich war erst im Oktober oben – bereue ich am Nachmittag nicht einen einzigen Schritt hinauf zum höchsten Gipfel Norddeutschlands.
Denn nicht nur dass ich einen dieser seltenen Tage erwischt habe, an denen nur sehr wenig Menschen auf den Berg wanderten, nein, ich hatte gar Sonne! Während im Tal dicke Wolken hingen, riss es oben auf dem Blocksberg auf. Es war das erste Mal, dass ich den Brocken schön fand. Der Nebel, die völlig vereiste Landschaft und das Blau am Himmel gaben unglaubliche Kontraste. Die von der Schneelast in die Knie gegangenen und dann überfrorenen Kiefern vollendeten diese seltsame Szenerie.
Viel zu lange harre ich bei -13 Grad aus, Lotte bekommt weiße Bartspitzen, Frauchens Wimpern frieren ebenfalls über. Zeit, sich an den Abstieg zu machen. Die langweilige Brockenstraße den ein oder anderen Kilometer bergab zu gehen, stört mich an diesem Tagen nicht. Ach ja, mir kommt beim gleichmäßigen bergab gehen in Erinnerung, dass ich sogar endlich auch die nostalgische Harzer Schmalspurbahn in voller Gänze sehen durfte – vor weißer Kulisse. Ein toller Wintertag im Harz!
Als der Harzer Hexenstieg von der Brockenstraße links abbiegt, habe ich das Winter Wonderland Harz für den Rest des Tages wieder ganz allein für mich. Das gleichmäßige Knirschen des Schnees unter meinen Sohlen hat etwas Beruhigendes. Je näher Lotte und ich Drei Annen Hohne kommen, desto eisiger wird es unter dem Schnee. Da geht Frauchen auch schon mal völlig unverhofft auf Tuchfühlung mit dem Schnee. Aber wir schaffen es unversehrt zu unserem Hotel.
Etappe 4: Von Drei Annen Hohne nach Rübeland
Es kann ja nicht jeden Tag besser werden. Während die ersten drei Etappen auf dem Harzer Hexenstieg von Tag zu Tag besser wurden, haben wir an diesem Tag mit einem kleinen Tief zu kämpfen. Nicht nur, dass sich unsere angekündigte Wanderbegleitung um einen Tag verspätet, auch landschaftlich ist diese Etappe etwas enttäuschend und aus dem Schnee wird später noch Regen. Aber zumindest am Anfang dieser Tour gehen wir durch einen wunderschönen Winterwald.
Bei leichten Plusgraden erreichen wir das Highlight des Tages, den Königshütter Wasserfall, der teilweise gefroren, teilweise fließend beeindruckende Eisformationen angenommen hat. Ab hier wird aus dem Schnee Regen, es wird matschig und leider beeindruckt die Landschaft rund um die Überleitungssperre eher mit Forstwirtschaft denn mit tollen Wäldern.
Ich freue mich eigentlich auf Rübeland. Ich kann mich an Tropfsteinhöhlen erinnern und erwarte Märchen und Magie. Eigentlich klappt es mit der Einstimmung dank Hexenfiguren am Wegesrand auch ganz gut. Bis ich am Hohen Kleef erhaben über Rübeland schaue. Da erwartet mich doch eher nostalgischer DDR-Charme. Es wird nicht besser als ich absteige, denn Rübeland hat nicht viel vom Tourismus abbekommen. Möge mein Bericht über den Hexenstieg den ein oder anderen Wanderer inspirieren, den Weg zu gehen, damit sich das ein kleines bisschen ändert. Es wäre schade drum. Ein Argument habe ich noch: Im Tannengrund, wartet eine lebenslustige Wirtin, bei der es sich allemal lohnt einzukehren.
Etappe 5: Von Rübeland nach Altenbrak
Der Winter versteckt sich auch am 5. Tag unserer Trekking-Tour durch den Harz. Bei Plusgraden taut es weiter, wenn auch nur langsam. Da heißt es, jeden Schritt wohlüberlegt zu machen. Während es noch in der Nacht regnet, hört es pünktlich bei unserem Tourstart auf, ist ja auch was. Meine hinzugestoßene Begleitung versüßt mir zudem den Weg bei unterhaltsamen Gesprächen. Die Wegführung des Hexenstieges überzeugt mich heute einmal mehr, ebenso wie die liebevoll gestalteten verwunschenen Märchenfiguren am Wegesrand.
Dieser Abschnitt führt zu großen Teilen erhaben entlang der Bode und vorbei an Talsperren. Zu meiner Freude fliegt sogar eine Wasseramsel durch mein Blickfeld, für mich sind das sehr beeindruckende Tiere. Auch hat das Tauwetter noch nicht alles dahingerafft. Einige skurrile Eisgebilde wie kleine gefrorene Wasserfälle haben die Schmelze noch überlebt und üben eine anziehende Wirkung auf mich aus.
Wobei ich zugeben muss, hier und auch auf der nächsten Etappe muss es zwischen Frühling und Herbst richtig schön aussehen, wenn die Laubbäume ihr schmückendes Blattwerk tragen. Auch im Winter ist es hier schön – Schnee und nicht Tauwetter vorausgesetzt. Für uns bleiben die Highlights an diesem Tag die kleinen „Farbkleckse“ in Form von Spinnen, Hexen oder kleinen Hänsel-und-Gretel-Häuschen, etwas was vielleicht im begrünten Zustand kaum noch zu sehen ist.
Unsere Etappe führt uns nach Altenbrak. Hier ist es viel schöner als am Tag zuvor. Wer es noch ein bisschen niedlicher haben möchte, dem sei Treseburg als Übernachtungsziel ans Herz gelegt . Ein äußerst liebliches kleines Örtchen.
Etappe 6: Von Altenbrak nach Thale
Wer sich im Winter auf den Hexenstieg begibt, kann einen der schönsten Abschnitte im Bodetal nicht gehen. Mir gefällt auch die Winterumleitung gut. Aber zunächst geht es den Hexenstieg entlang nach Treseburg mit seinen liebevoll restaurierten Häuschen. Ab hier wandern wir recht steil bergan durch den Wald hinauf zum weißen Hirsch, der uns eine schöne Aussicht über Treseburg offenbart. Es beginnt wieder ein bisschen zu schneien, was die Wege zumindest überzuckert.
Es dauert nicht sehr lang, da haben wir gefühlt unseren Endpunkt der Tour erreicht. Den Hexentanzplatz. Ich lasse es mir nicht nehmen, ein kleines Tänzchen mit Lotte zu wagen, irgendwie gehört das dazu. Das Areal um den Hexentanzplatz ist übrigens wirklich schön gestaltet. Wir entdecken ein verwunschenes, kopfstehendes Haus, unzählige geschnitzte Fabelwesen und sogar einige obszöne Figuren rund um den Tanzplatz der Hexen.
Zum Abschluss gibt der Abstieg nach Thale noch einmal alles. Vorbei an beeindruckenden Klippen, steil emporragenden Felsen und bemoosten Felsvorsprüngen geht es steil bergab. Dann liegen über 100 Kilometer, 33 Wanderstunden und viele tausend Schritte hinter mir.
Harzer Hexenstieg mit Hund
Der Fernwanderweg im Harz lässt sich hervorragend mit Hund bewandern. Schwierige Stellen sind für den Hund nicht zu erwarten, sofern er einigermaßen fit ist. Wasser muss eigentlich für den geliebten Vierbeider nicht mitgeführt werden, es gibt genügend Wasserstellen sowie Einkehrmöglichkeiten auf dem Weg. Im Hochsommer schadet ein zusätzlicher halber Liter Flüssigkeit sicher nicht. Im Nationalpark muss der Hund an der Leine geführt werden. Zudem wurden wir in Hotels und Restaurants immer sehr freundlich empfangen. Die hundefreundlichen Übernachtungsmöglichkeiten findest du im nächsten Absatz.
Übernachtungen mit Hund
Werbung
Wir haben in Hotels oder Pensionen genächtigt. Diese mit Hund zu finden, war nicht schwierig. Allerdings gibt es eine Engstelle auf dem Harzer Hexenstieg beim Torfhaus. Wer hier keine Übernachtung findet, bekommt Schwierigkeiten bei seiner Etappenplanung. Daher meint Tipp: unbedingt zuerst hier buchen und die anderen Übernachtungen darum herum. Es gibt eigentlich zahlreiche kleine Ortschaften am Hexenstieg, so dass man hier auch ausweichen könnte. Im Januar war auch eine kurzfristige Buchung der Hotels mit Hund problemlos möglich.
Buntenbock
Unsere erste Übernachtung kann ich für Wanderer empfehlen. Wir schlafen bei „Holl und Boll„, einer kleinen Pension etwas abseits von Buntenbock. Die Vermieterin ist sehr freundlich und befreit uns gar aus einer misslichen Lage. Im Januar – nicht gerade Hochsaison im Harz – hat das gegenüberliegende Restaurant nur am Wochenende geöffnet, das im Ort erlaubt keine Hunde. Tja, doof gelaufen. Aber die Vermieterin zaubert mir für kleines Geld einen „Strammen Max“ und schmecken tut es auch. Sie erzählt mir, dass sie das im Sommer für Hexenstieg-Wanderer, die keine Lust auf einen abendlichen Marsch haben, ebenfalls tut. Zudem ist sie äußerst hundefreundlich! Die Unterkunft selbst ist für Etappenwander-Ansprüche mehr als ausreichend.
Torfhaus
Direkt am Hexenstieg und Goetheweg liegt das 4-Sterne-Hotel Torfhaus Harzressort. Es ist mit Abstand die beste Unterkunft, die ich auf dem Hexenstieg beziehe, auch wenn sie ein paar Euro mehr als die anderen kostet. Es ist vermutlich auch die einzige Unterkunft, in die der Hund am Torfhaus mitkommen darf.
Die Zimmer sind modern eingerichtet, die Betten gut, das Frühstück außergewöhnlich und das Personal sehr freundlich – das Hotel ist seinen Preis wert. Ich esse im Halali passend zum Namen ein leckeres Wildgulasch und trinke sogar ein Glas Wein mehr als geplant, weil auch hier die Atmosphäre stimmt.
Drei Annen Hohne
In Drei Annen Hohne ist die Auswahl nicht sonderlich groß. Ich übernachte im Kräuterhof. Hier ist alles in Ordnung, wenn auch nicht besonders liebevoll eingerichtet. Überhaupt fehlt es hier irgendwie an Wärme – auch im physischen Sinne abends im Restaurant. Eigentlich habe ich ja als Wanderer mit einfachen Unterkünften eher weniger ein Problem, jedoch nicht für diesen Preis. Eventuell sollte man doch auf Unterkünfte in Schierke zurückgreifen.
Rübeland
Tja, Rübeland ist eben kein Märchenstädtchen. Und so viele Übernachtungsmöglichkeiten gibt es auch nicht. Wir wählen für unsere Übernachtung die Appartmentanlage Hermannshöhle mitten in Rübeland. Es ist nostalgisch, aber auch ein bisschen so, als wäre hier die Zeit stehengeblieben. Der Zimmerstandard ist einfach aber ausreichend. Die Hausdame ist jedoch sehr nett, kocht abends für die Wanderer, wenn das einzige Lokal Tannengrund geschlossen hat und ist ohnehin sehr bemüht. Sie bietet mir Decke und Futternapf für den Hund an und macht gutes Frühstück.
Altenbrak
Ja, war ich da überhaupt? Im Waldhotel Altenbrak ist nichts, an das ich mich erinnere. Es ist nicht sonderlich schlecht, aber auch nicht gut. Ein wenig beengt und auch sonst ohne etwas Besonderes. Wir essen im Partnerhotel „Jodlermeister“. Nun gut. Bitte esst dort keinen Salat! Aber zumindest das Frühstück ist ordentlich. Das Waldhotel Altenbrak ist nicht mehr via Website erreichbar. Eine Alternative: Zum Harzer Jodlermeister
Anreise, Planungshilfen*
Grundsätzlich kann man sich im Harz gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen. Wer mit dem Auto anreist, dem würde ich empfehlen, es in Wernigerode zu parken und dann nach Osterrode mit dem Zug zu fahren. Das dauert etwa 2 Stunden. Vom Endpunkt des Hexenstiegs Thale nach Wernigerorde braucht man etwa 1 Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese Variante hat den Vorteil, dass man jederzeit recht problemlos aus der Tour austeigen könnte, da Wernigerode eigentlich von fast jedem Punkt (sogar dem Brocken) aus gut erreichbar ist.
Als Planungshilfe hatte ich den Harz: Hexenstieg (Der Weg ist das Ziel) dabei, empfand das Buch allerdings als veraltet und nicht besonders gut strukturiert. Es gibt aber ein recht neues Buch über den Hexenstieg aus der Hikeline-Serie von 2018 Harzer-Hexen-Stieg (Hikeline /Wanderführer) und auch einen offiziellen Wanderführer Harzer Hexen-Stieg: Offizieller Wanderführer in beide Richtungen
Und dann gibt es nun das wirklich passende Buch – ihr könnt ja mal raten, wer das geschrieben hat…
Buch Winterwandern Harz
Als Kartenmaterial benutzte ich für den Hexenstieg meine normalen Wanderkarten aus dem Harz, dort ist der Hexenstieg zuverlässig eingezeichnet und die Karten sind nun auch als wasserfeste Ausgabe erhältlich: Der Harz in 4 Teilen
*Wenn du einem dieser Links folgst und das Produkt kaufst bzw. buchst, erhalte ich eine kleine Provision. Der Preis erhöht sich dadurch für dich nicht. Einnahmen wie diese helfen mir, meinen Reiseblog und Social Media kostenfrei zu betreiben.
20 Kommentare zu “Harzer Hexenstieg im Winter”
Hallo Romy,
ein wunderschöner, inspirierender Bericht mit noch viel mehr Lust-machenden Fotos, diesen Weg zu gehen. Ich war erst einmal im Harz für eine Woche, da auch im Bodetal, und muss sagen, dass ich seitdem dort noch einmal hin möchte.
Bei den Zeiteinteilungen deiner Etappen habe ich gestaunt. Zum einen, weil du wohl einen sehr strammen Schritt drauf hast – und das bei Neuschnee! Hut ab!
Etwas irritiert hat mich, dass die kürzeste 5. Etappe im Vergleich mit Etappe 4 und 6 mehr Zeit in Anspruch genommen hat bei wenigen Höhenmetern.
Hallo Aurora,
du hast recht, besonders langsam sind nicht wir nicht unterwegs, aber der Schnee war auch nicht sonderlich hoch. Bei der fünften Etappe war es ziemlich glatt. Es hatte getaut, über Nacht gefroren und dann weiter getaut. Ich vermute es lag daran, dass wir bei einigen Teilabschnitten eher geeiert als gewandert sind.
Liebe Grüße
Romy
Was für grandiose Bilder, liebe Romy. Es hat total Spaß gemacht, die zu folgen, zumal ich ja gerade meine eigenen Erinnerungen auffrische. Deine Einschätzung zum Kräuterhof teile ich absolut. Zu wenig für zu viel Geld, und es wirkte recht angestaubt. Erinnere mich an gelbliche Zimmer mit grüner Deko? Den Wasserfall scheinen wir verpasst zu haben. Da klingelte nichts. Ansonsten beneide ich dich um deine Winterimpressionen. Das wirkt schon sehr verwunschen! Mich hätte bei Minusgraden vermutlich niemand auf den Weg bekommen. Umso besser dass du das für mich erledigt hast 😉
Liebe Audrey,
ich kann dir genau sagen, warum ihr den Wasserfall verpasst habt: Die Wegführung ist an dieser Stelle etwas unübersichtlich und ihr seid ab Neuehütte auf der Straße und nicht oberhalb auf dem Pfad gewandert. Und weil du und deine Wanderpartnerin so viel gequasselt habt, habt ihr den Wasserfall nicht gehört und seid schön daran vorbei gelatscht 😉 Das wäre dir alleine nicht passiert.
Ja, der Winter war herrlich im Harz, aber das Bodetal war bei euch im Sommer sicher schöner – ich denke der Weg hat zu jeder Jahreszeit seine Besonderheiten. Schön, dass wir beide bei der anderen schauen können.
Liebe Grüße
Romy
Wow … einer der besten Wanderberichte über den Hexenstieg und mit tollen Winterfotos. Mit dem Schnee hattest Du etwas Glück, denn i.d.R. haben wir etwas mehr davon. Gerade der Weg auf dem Buttersteig hoch zur Wolfswarte (Umleitung Magdeburger Weg) ist bei viel Schnee eine Tortur.
Grüße aus Osterode am Harz Stephan
Hallo Stephan,
Lob von einem Hexenstieg-Experten – ich freu mich :-). Ich hätte gern etwas mehr Schnee gehabt. Meine Schneeschuhe standen bereit und mussten dann doch zu Hause bleiben. Bis zur Wolfswarte muss man ja eigentlich auch nicht gehen (hab ich auch nicht gemacht, war da est im letzten Jahr), sondern bin den Weg paralell zur Straße gegangen, der war aber nach 27km auch recht anstrengend.
Liebe Grüße
Romy
Liebe Romy,
deinen Bericht habe ich grade verschlungen!! Immer wieder ein Fest, dich auf deinen Touren zu „begleiten“.
Der Harz im Winter ist wirklich wie ein Märchenland!
Die Fotos sind total schön geworden. Und du schreibst noch schöner.
Nächstes Wochenende verbringe ich mit Freund & Hund in Altenau und will das erste mal im Leben auf den Brocken. Ich hoffe, wir haben auch so ein Glück, blauen Himmel zu haben.
Liebe Grüße,
Maike
Hallo Maike,
oh, vielen Dank! Ich wünsche euch viel Spaß im Harz und seid nicht enttäuscht, wenn ihr keine Sicht habt! Ich drücke euch zumindest fest die Daumen, dass ihr schönes Wetter habt.
Liebe Grüße
Romy
Liebe Romy,
vielen Dank für deinen inspirierenden Beitrag. Mein Deutsch-Drahthaar-Junge und ich sind den Harzer-Hexen-Stieg diesen August gewandert. Da es unser erster (Wander-)Urlaub war, war ich anfangs extrem angespannt. Aber Dank guter Planung und Inspirationen klappte alles sehr gut und wir erreichten stolz und sehr erschöpft nach 5 Etappen den Hexentanzplatz, wo uns meine Mutter erleichtert in Empfang nahm. Nun wird die Ausrüstung optimiert und ich mache mich an die Planung für den nächsten Trip.
Liebe Grüße aus Hannover von Oskar und Larah
Hallo Larah,
herzlichen Glückwunsch! Die erste Mehrtagestour habt ihr geschafft und wie ich lese, werden da wohl noch ein paar folgen – ich freue mich für euch! Mit einem Jagdhund macht das Wandern irre viel Spaß, wenn das mit dem Jagdtrieb passt. Die haben einfach immer Bock zu laufen und was zu erkunden – und sind herrlich müde am Abend. Bei meiner Lotte nur ein Zustand, der beim Fernwandern auftritt. Ich wünsche euch noch richtig viel Freude am „Marschieren im Rudel“!
Liebe Grüße
Romy
Liebe Romy,
meine kleine Fellnase und ich sind den Harzer Hexenstieg diesen Oktober gelaufen – inspiriert von deinem Blog, aber mit eigener Einteilung der Etappen, da ich unbedingt auf dem Brocken übernachten wollte. Das war auch wirklich ein Abenteuer! Denn wir hatten ordentliches Brockenwetter mit Regen und Wind und Nebelwolken. Aber genau das hat mir so gut gefallen, weil es ganz genau zur Landschaft gepasst hat. Und als dann noch die Brockenbahn stampfend und pfeifend aus den Wolken auftauchte, war ich auch von dieser verregneten Etappe vollends begeistert.
Ich habe den nächsten Urlaub im Harz jedenfalls schon komplett fertig geplant und gebucht..???? natürlich wieder mit Hund und als Etappenwanderung.
Liebe Grüße
Heike und Fellnase
Liebe Heike,
danke, dass du deine Erfahrungen hier teilst. Ich hatte damals auch über eine Brockenübernachtung nachgedacht, mir hat dann aber der Rest der Etappenplanung nicht so gut gepasst. Ich freue mich übrigens tierisch, dass ich dich nicht nur inspiriert habe, sondern der Funke vom Harz auch auf euch übergesprungen ist. Einmal Etappenwanderung, immer Etappenwandern, sag ich nur, so schnell werdet ihr das vermutlich nicht mehr los.
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
Deine wunderschönen Berichte mit den tollen Bildern von deinen Wanderungen im Harz haben mich ermutigt, einfach mal im Harz im Regen zu wandern. Bisher kannte ich das nur von den schottischen Highlands. So bin ich kurz entschlossen Ende Januar losgelaufen. Anfangs eher in herbstlicher Umgebung und im Nieselregen, dann aber Altenau, Torfhaus und vor allem der Aufgang zum Brocken in großartiger Winterlandschaft mit Schneefall, Nebel, Sturm und ohne Fernsicht. Für mich war es einmalig und faszinierend! Meine Spikes hätte ich dringend gebrauchen können. Nächstes Mal :))! Weiter ging es über Schieke, Rübeland und Treseburg nach Thale, teils im Regen, teils im wärmenden Sonnenschein. Und dass sich der Bodekessel und der ganze Weg so beeindruckend darstellen würde, hatte ich nicht erwartart.
Also nochmals vielen Dank!!
Liebe Grüße
Maria
Hallo Maria,
du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich über deinen Kommentar gefreut habe! Dass dich meine Beiträge animiert haben, auch bei nicht ganz perfekten Wetterbedingungen loszugehen, finde ich super. Dass du es anscheinend auch noch in voll Zügen genossen hast, ist einfach großartig. Bis auf tagelangen Starkregen gibt es für mich einfach kein Wetter, das nicht auf irgendeine Art faszinierend sein kann. Wenn ich ehrlich bin, mag ich gerade den Harz bei Schnee oder Nebel sogar am liebsten.
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
so ähnlich geht es mir wohl auch. Ich finde es spannend zu erleben, wie sich die Landschaft mit dem Wetter verändert und besonders, was es mit mir macht, und wie ich den Weg dann wahrnehme.
Nun bin ich allerdings gespannt, welchen Fernwanderweg ich als nächstes entdecken werde.
Weiterhin viele schöne Wanderungen und Erlebnisse für Dich. Ich bin gespannt….
Liebe Grüße
Maria