#16/100 Wildkarspitz 3173 m
Es ist ein Traum von Alpenliebhaber:innen: eine Nacht auf über 3000 Metern zu verbringen. Auf der Wildkarspitz ist das möglich. Die Hochstubaihütte bietet dafür ausreichend Komfort. Ein Bericht über eine Nacht in luftiger Höhe, Kurzatmigkeit und die Sache mit dem Sauerkraut.
Auf hoch gelegenen Berghütten sollte man eines tunlichst vermeiden: einen Lachanfall zu bekommen. Das ist gar nicht so leicht, wenn man in einer Vierergruppe, die sich gut versteht, unterwegs ist. Nun ist Lachen grundsätzlich etwas schönes, löst einen Schwall Endorphine aus und macht glücklich. Auf der Hochstubaihütte kommt allerdings ein weiteres Phänomen hinzu. Die dünne Höhenluft. Wer sich nicht schon länger auf dieser Höhe aufgehalten hat, wird zwangsläufig kurzatmiger. In Kombination mit einem Lachanfall kann das mitunter groteske Züge annehmen. Der Drang nach Luft zu schnappen, äußert sich dann zuweilen in merkwürdigen Grunz-Geräuschen. Aber nicht allein die Lachanfälle machen auf der Hochstubaihütte glücklich. Denn dort wo die Luft so dünn ist und das Atmen schwer fällt, ist die Aussicht in der Regel phänomenal. Ganz besonders gilt das, wenn sich der Schlafplatz auch noch direkt auf dem Gipfel der Wildkarspitz auf 3173 m befindet und kein Berg die Sicht verstellt.
Die Hochstubaihütte ist eine der höchstgelegenen Schutzhütten der Ostalpen, die mit fantastischem Gletscherblick und einem fast schon kitschigen Sonnenuntergang definitiv eine besondere Lage hat. Bei gutem Wetter reicht die Sicht von der Zugspitze bis zu den Dolomiten. Wer hier hoch oben über dem Ötztal Hüttenwirt ist, muss allerdings hartgesotten sein. Schließlich ist das Wetter auf einem Gipfel nicht immer fein. Außerdem ist die Ver- und Entsorgung der 1938 eingeweihten Hütte nur unter großem Aufwand ausschließlich mit dem Hubschrauber möglich.
Nicht sicher bin ich mir jedoch, ob es eine gute Idee ist, große Mengen Sauerkraut hinauf zur Hütte zu fliegen. Aber jemand wie ich, der bei Lachanfällen grunzt, der hat wohl auch einen Saumagen. Meine anderen drei Begleiter:innen anscheinend aber nicht. Auf Hüttentour bleibt einem ja kaum etwas vom Gegenüber verborgen. So entging mir natürlich nicht, dass alle drei tags darauf des Öfteren das stille Örtchen aufsuchten und im Chor in der nächsten Hütte das Sauerkraut prompt abwählten. Aber die Nacht auf der Wildkarspitz hat dennoch keiner bereut, Sauerkraut hin oder her.
Wildkarspitze: Tour im Überblick
Eine solide Kondition sind für die knapp 1200 Höhenmeter im Aufstieg nötig, am besten noch ein wenig mehr, wenn man noch nicht an die Höhe angepasst ist. Die Wege sind nach SAC-Wanderskala bis zum Schwierigkeitsgrad T4 eingestuft, es braucht also einiges an Trittsicherheit und auch solide alpine Erfahrung – sowohl für den Aufstiegs-, als auch für den Abstiegsweg über die neu angelegte „Himmelsleiter“. Es gilt einiges an großen Blöcken zu meistern. Wer noch fitter als die 1200 Höhenmeter ist, kann die Bergtour direkt von Sölden aus starten und spart sich so den doch recht teuren Wanderbus zur Kleblealm (4 x täglich in der Wandersaison) und zurück nach Sölden vom Alpengasthof Fiegl (3 x täglich in der Wandersaison). Aufgrund der Höhe sollte auch im Sommer mit Schnee gerechnet werden und es bieten sich ggfls. Grödel im Gepäck an.
- Ausgangspunkt: Kleblealm
- Endpunkt: Alpengasthof Fiegl
- Aufstieg: 1170 m
- Abstieg: 1210 m
- Länge: 11,3 km
- Dauer: 7:30 h
- höchster Punkt: Wildkarspitz, 3173 m
- Schwierigkeit: mittel
- Hundetauglichkeit: 3 von 5 Sterne
Tipp: Wer noch Kondition hat, kann den direkt neben der Wildkarspitz gelegenen Hohen Nebelkogel (3211 m) entweder am Aufstieg- oder am Abstiegstag noch mitnehmen.
Infos zur Hütte: Hochstubaihütte, 3173 m (geöffnet von Mitte Juni-Mitte September, Tel.: +43 676 92 43 343, info@hochstubaihuette.at, www.hochstubaihuette.at; mit Hund nach Voranmeldung im Zimmer)
Mit Hund auf die Wildkarspitze
Der Hund darf nach Voranmeldung auch auf der Hochstubaihütte mit im Zimmer übernachten. Eine rechtzeitige Reservierung ist aber wichtig. Auch unser vierbeiniger Freund braucht einiges an Kondition und Trittsicherheit. Es gilt viele hohe Stufen zu überwinden. Hier und da ist vielleicht etwas Hilfe durch Herrchen oder Frauchen nötig. Daher sollte eine gute Portion Vertrauen und Gehorsam auf jeden Fall dabei sein.
Höhenprofil Wildkarspitze
Download: GPX Wildkarspitze
Karte: Alpenvereinskarte Stubaier Alpen, Hochstubai; Blatt 31/1; 1:25.000
Von der Kleblealm zur Wildkarspitz / Hochstubaihütte
Die Konditionsstarken, die den vollständigen Aufstieg von Sölden (1) aus starten, nehmen zur Kleblealm (2) den Waldweg hinauf. Alle anderen lassen sich mit dem Wanderbus hinauf bringen. Die Wanderung startet dort recht moderat auf einem einfachen Wanderweg. Mit zunehmender Höhe nimmt jedoch die Schwierigkeit des Weges zu, am Ende finden wir uns in schwierigem blockigem Gelände wieder.
Bevor es jedoch wirklich hochalpin wird, geht es vorbei am Laubkarsee (3) und auch im weiteren Verlauf führt der Weg an kleineren Seen vorbei während die Landschaft rings herum immer schroffer wird. Nachdem wir den dritten größeren Bergsee in einem Bergkessel erspäht haben, dauert es nicht mehr lang und wir erblicken hoch oben die Hochstubaihütte (4), die auf der Wildkarspitz thront. Wer noch den Hohen Nebelkogl besteigt, sollte an der Hütte kurz innehalten und sich vorstellen, dass es noch gar nicht so lang her ist, dass man von der Wildkarspitz bis zum Hohen Nebelkogl höhehaltend über Gletscher wandern konnte. Zurück an der Hütte gilt es nun die entscheidende Frage zu klären: Sauerkraut oder nicht?
Von der Hochstubaihütte zum Alpengasthof Fiegl
Auch wenn die Nacht auf der Hochstubaihütte aufgrund der Höhe etwas unruhig sein kann, sollten Gipfelstürmer am Morgen den Abstecher zum Hohen Nebelkogl in Erwägung ziehen, sofern sie das am Tag zuvor noch nicht getan haben. Anschließend steht „nur“ noch der lange Abstieg wieder zurück ins Windachtal auf dem Programm. Es steht ein anspruchsvoller Abstieg über die Himmelsleiter bevor – ein neu angelegter, luftiger Steig. Stufe für Stufe geht es die steile Felswand hinab und verlangt einiges an Trittsicherheit. Am Anfang helfen einige Drahtseile dabei.
Anschließend geht es durch verblocktes Gelände, unten schimmert schon das erstes Zwischenziel, der herrlich gelegene Seekarsee (5) in der Sonne. Vielleicht treffen wir auf urige Schafe, die mit ihren wie gedrechselt aussehenden Hörnern ein niedlicher Anblick sind. Nach dem Seekarsee halten wir uns rechts und setzen den Abstieg in steilen Serpentinen weiter bis zum Alpengasthof Fiegl (6) fort. Hier lohnt sich nicht nur eine Einkehr, sondern auch der Blick gen Himmel. In der Nähe brütet ein Bartgeier-Pärchen. Von dort aus geht es entweder mit dem Wanderbus zurück nach Sölden oder zu Fuß.
Lust auf noch mehr leichte 3000er in den Alpen?
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