#6/100 Sas Queder 3.065m und #7/100 Munt Pers 3.206m
Zur schönsten Aussichtsloge Graubündens
Ein wanderbarer 3000er mit dieser Aussicht? Man mag es kaum glauben, aber das gibt’s. Ohne Hochtour und Klettereinlage dürfen Wanderer einen kurzen, aber fantastischen, Blick in die Welt der Eisriesen, Gletscher & Co werfen und dabei an einem Tag sogar zwei 3000er der Alpen besteigen. Der Sas Queder und Munt Pers gehören zu den schönsten wanderbaren 3000er, die ich bisher bestiegen habe. Allerdings gibt es auch einen Pferdefuß. Denn theoretisch kann man fast den ganzen Weg hinauf ohne große Anstrengung mit der Seilbahn zurücklegen und hat somit diese beiden fantastischen Aussichtslogen nie für sich allein. Allerdings wage ich zu behaupten, dass ein eigener Anstieg mit vielen Schweißperlen auf der Stirn die Gipfelerlebnisse erst richtig vollendet. Denn nur wer mit schweren Beinen, salziger Haut und einer guten Portion Erschöpfung oben auf dem Munt Pers sein Pausenbrot verzehrt, hat sich die Aussicht auch wirklich verdient.
Etwas mehr als 1000 Höhenmetern steigt man vom Val Bernina in der Nähe von Pontresina in Graubünden/Schweiz dorthin hinauf, wo Wanderherzen höherschlagen. Auf den beiden Aussichtsgipfeln Sas Queder und Munt Pers sind wir sozusagen auf Augenhöhe mit den dicken Gletschern der Bernina-Gruppe. Fast zum Greifen nah liegen sie vor uns, die Berge Piz Palü, Bellavista und der einzige 4000er der Ostalpen, der Piz Bernina sowie deren Pers- und Morteratschgletscher. Auch wenn man am Sas Queder schon voller beeindruckender Aussichten ist, sollte man unbedingt noch zum nächsten Gipfel, dem Munt Pers, weitergehen, denn die Sicht wird noch einmal getoppt. Kurzum: es ist schlicht eine unvergessliche Wanderung.
Die 3000er-Tour im Überblick
Auch wenn beide Gipfel keine sonderlichen alpinen Anforderungen stellen, sind es natürlich keine Turn-Schuh geeigneten Berge. Eine einigermaßen vernünftige Ausrüstung wie Bergschuhe, Regenjacke und auch Wanderstöcke sind sicher nicht schlecht investiert. Der erste Teil der Wanderung erfolgt zwar auf einfachen Wegen, der Anstieg hinauf zur Diavolezza, also das Joch zwischen den Gipfeln, dürfte aber für unerfahrene Wanderer den Puls in die Höhe schnellen lassen. Auch der Aufstieg zum Munt Pers hat seine schwierigen Passagen. Kurzum: ein gewisses Maß an Trittsicherheit und auch mäßige Schwindelfreiheit sind für diese Wanderung notwendig. Die Wege überschreiten nicht den Grad eines T3-Weges.
Du weißt nicht, was sich hinten diesen “T’s” verbirgt? Im Artikel Routenplanung für Hüttentouren erkläre ich die SAC Alpin- und Wanderskala von T1 bis T6 ausführlich mit Bildern von den Wegen. Das hilft dir, die Schwierigkeit der Wege besser einzuschätzen.
- Ausgangspunkt: Talstation Diavolezza
- Endpunkt: Bergstation Diavolezza
- Aufstieg: 1140 m
- Abstieg: 260 m
- Länge: 9,9 km
- Dauer: 4:30 h
- höchster Punkt: Munt Pers, 3.206m
- Schwierigkeit: leichte Alpinwanderung
- Hundetauglichkeit: 5 von 5 Sterne
Die Wanderung ist so geplant, dass man den Aufstieg zu Fuß zurücklegt, sich den Abstieg allerdings mit der Seilbahn verkürzt. Wer auch den Rückweg zu Fuß zurücklegen will, geht auf dem Aufstiegsweg zurück.
Mit Hund auf den Sas Queder und Munt Pers
Hunde, die das Bergwandern bereits kennen und einigermaßen fit sind, sollte diese Wanderung vor keinerlei Probleme stellen. Mein Wanderhund Lotte zumindest war mir immer weit voraus. Ich bin aber mittlerweile dazu übergegangen, dem Hund immer ein Geschirr mit Tragegriff (noch besser ein echtes Bergsteigergeschirr) anzulegen. Meine fast 12-jährige Hunde-Seniorin lässt sich heute lieber einmal mehr über einen großen Gesteinsbrocken heben als früher und spart Kräfte. Ein Hund, der in der Blüte seines Lebens steht, wird es auch ohne schaffen.
Meine Wandererfahrungen in der Schweiz beim Thema Hund sind ausgesprochen positiv. Auch auf dieser Wanderung zur Diavolezza kam ich oft mit anderen Wanderern ins Gespräch, die sich allesamt nur für den besten Wanderhund der Welt interessierten. Ein schönes Gefühl, so willkommen zu sein. Übrigens: Wer eine Nacht im Berggasthaus der Diavolezza verbringen will, darf sogar dazu seinen vierbeinigen Freund mitbringen. Nahezu jeder Hund mag ja auch Schnee sehr gern und auf den etwas höheren Lagen dieser Wanderung gibt’s davon in Form von Altschneefedern meist immer was. Bei herrlichem Sonnenschein und einem anstrengenden Anstieg ist das die größte Belohnung für Lotte.
Höhenprofil & Karte zur Wanderung
Download: GPX Sas Queder Diavolezza Munt Pers
In die Welt der Gletscher
Gleich vorweg: Diese Wanderung braucht keinen sonderlichen Orientierungssinn. Die Wege sind beschildert und intuitiv trifft man hier immer die richtige Wahl. Start der Wanderung ist die Talstation der Diavolezza-Seilbahn (1). Hier gibt es sowohl einen Parkplatz, als auch einen Bahnhof. Der berühmte Bernina Express der Rhätische Bahn hält nämlich an der Haltestelle „Bernina Diavolezza“ genau am Startpunkt dieser Wanderung. Dem Verlauf der Seilbahn, die bis zur Diavolezza fährt, folgen wir nun auf dem darunter liegenden breiten Weg. Zu Beginn lassen sich noch einige Abkürzungen auf kleinen Pfaden einbauen. Der Weg führt hinauf bis zum türkis schimmernden kleinen Bergsee, dem Laj da Diavolezza (2). Hier verlassen wir schließlich die Fahrstraße, biegen nach links und widmen uns endlich etwas anspruchsvolleren Pfaden.
Nur wenige Meter oberhalb des Sees gesellt sich linker Hand ein Pfad vom Lago Bianco zu uns. Die Ausläufer des riesigen Stausees am Berninapass können wir hier aus der Vogelperspektive betrachten. Ich kann die Zahl zwar nicht greifen, will sie aber dennoch hier schreiben: knapp 20 Millionen Kubikmeter Wasser fasst der Stausee. Der Weg wird nun steiler und steiniger, große Schneefelder hängen in den Rinnen und irgendwann ist auch der letzte Grashalm am Boden verschwunden. Wir laufen über steile Schuttfelder, nutzen hier und da eine Seilversicherung zur Hilfe und blicken schließlich auf die Bergstation der Diavolezza. Unser Weg bringt uns zur Bergstation einer weiteren Seilbahn (3), ehe wir auf den Kamm steigen. Um zum Sas Queder zu gelangen, gehen wir links.
Nur noch wenige, aber dennoch beschwerliche Höhenmeter trennen uns nun vom Gipfelbereich des Sas Queder (4) über Blockwerk geht es hinauf, wobei man aufpassen muss, dass man sich von der herrlichen Sicht nicht ablenken lässt. Der höchste Punkt des Berges ist nicht etwa mit einem Gipfelkreuz markiert, sondern mit einem Grillplatz. Ein Grillplatz auf 3065 Metern? Können vermutlich nur die Schweizer und bewerben ihn folgerichtig als höchste Feuerstelle Europas. Egal ob man grillt oder nicht, die Aussicht – vor allem auf den 3900 m-hohen Piz Palü – ist unvergesslich. Der gewaltige Gletscher türmt sich in der Ferne auf und gefühlt kann man hier stundenlang einfach nur herumsitzen und diese Aussicht genießen.
Das i-Tüpfelchen: zum Munt Pers
Um den zweiten Gipfel des Tages zu besteigen, laufen wir zunächst auf dem Hinweg zurück bis zum Kamm. Von hier sind es nur wenige, aber absolut aussichtsreiche, Meter bis zum Berggasthaus Diavolezza (5). Wer mag, kann hier bei Sonnenschein auf der Terrasse seine Gipfelschau bei einem Getränk oder einer Stärkung fortsetzen.
Für den Aufstieg zum Munt Pers sollte man nun etwa eine knappe Stunde einplanen. Allerdings ist man bei guter Sicht jedoch geneigt öfter stehen zu bleiben und die Aussicht auf die Bernina-Gruppe bei jedem Schritt zu genießen. Durchaus etwas anspruchsvoll geht es auf einem kleinen Pfad durch Schutt und über Blockwerk, aber immer gut zu erkennen, hinauf zum Gipfel. Der Gipfelbereich des Munt Pers (6), 3206 m, ist durch einen aufgeschichteten Steinhaufen markiert. Die Aussicht ist phänomenal, liegen uns doch zwei Gletscher zu Füßen, der kleinere Persgletscher und der große Morteratschgletscher – ganz zu schweigen vom Bellavista und Piz Bernina. Obwohl der Morteratschgletscher – nach Pasterze und Gepatschferner der drittlängste Gletscher der Ostalpen – in den letzten 100 Jahren um etwa 2,5 Kilometer seiner Länge eingebüßt hat, sind noch rund 6,2 Kilometer Gletscher ein beeindruckendes Schauspiel.
Der Rückweg vom Munt Pers erfolgt auf dem Hinweg, vorbei am Berggasthaus bis zur Bergstation der Diavolezza (7). Von hier fährt bis etwa 17:00 alle 20 Minuten die Gondel hinab. Kosten: 27,50CHF (Stand 2021).
Lust auf noch mehr leichte 3000er in den Alpen?
Hier geht’s zur Kartenansicht im Gipfelbuch 3000er der Alpen
2 Kommentare zu “#6/100 Sas Queder 3.065m und #7/100 Munt Pers 3.206m”
Sehr schön bebilderter und appetitanregender Tourenbericht – wann warst du oben? Welche Jahreszeit ist optimal bez. Schneefelder? Und was ist dies Kunstoffwurst hinter deinem schneebadenden Hund?
Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht, Andreas. Ich vermute irgendetwas für den Skibetrieb im Winter. Beste Jahreszeit wird zwischen Juli und September sein. Ich war im September da.
Liebe Grüße
Romy